In den Stadien der Republik tauchen seit Saisonbeginn wieder vermehrt Spruchbänder gegen die Ansetzungen von Bundesligaspielen auf. Die Fanorganisation „Pro Fans“ verleiht bereits seit der vergangenen Saison eine Auszeichnung an die Fanszenen, die viel Zeit und Geld opfern müssen, um ihre Mannschaft an den unmöglichsten Terminen sehen zu können.
Die Debatte um fanunfreundliche Anstoßzeiten verschärft sich vor dem Hintergrund, dass laut darüber nachgedacht wird, auch an Montagabenden Spiele der Bundesliga stattfinden zu lassen. Auf Seiten der Stadionzuschauer regt sich verständlicherweise Protest und Widerstand. Beispielsweise würde dann eine Partie zwischen dem Hamburger SV und dem FC für Fans der auswärtigen Mannschaft bedeuten, dass sie sich wahrscheinlich zwei Urlaubstage nehmen müssen, um ihre Mannschaft vor Ort zu unterstützen. Die Fans von Zweitligisten können davon bereits ein Lied singen. Und welcher Anhänger des 1. FC Köln denkt nicht mit Grausen an die Unannehmlichkeiten einer montäglichen Zweitligatour nach Aue oder Cottbus zurück?! Allerdings ist zu befürchten, dass all dies die Planungen der Verantwortlichen im Ligaverband höchstens marginal beeinflussen wird. Denn maßgeblich sind die Wünsche der Fans nicht!
Man erhofft sich von weiteren Spielterminen an verschiedenen Tagen zu unterschiedlichen Zeiten, die Attraktivität für das Bezahlfernsehen zu erhöhen. Je mehr Spiele nicht parallel zueinander angepfiffen werden, desto mehr Spiele können exklusiv über die Fernsehbildschirme flimmern. Versucht man sich in die Verantwortlichen des entsprechenden Fernsehsenders zu versetzen, kommt ein Spieltag mit neun Partien zu neun unterschiedlichen Zeiten über das ganze Wochenende und die angrenzenden Tage verteilt, der Wunschvorstellung wohl ziemlich nahe.
Aktuell stehen neben dem möglichen Termin am Montagabend weitere Termine am Sonntag zur Diskussion. Ein weiteres Spiel am Sonntag voraussichtlich zur Mittagszeit dürfte die reisefreudigen Anhänger der jeweiligen Vereine dabei vor weitaus geringere Probleme stellen, allerdings tritt die Bundesliga damit noch stärker in Konkurrenz zum Amateurfußball. Besonders der Mangel an Nachwuchsspielern in den ländlichen Regionen könnte sich dadurch noch weiter verstärken. Statt am Sonntagvormittag selbst gegen den Ball zu treten, wird dann lieber die undesligapartie im Fernsehen verfolgt. Ganz zu schweigen von einem weiteren Rückgang der Zuschauer an den Sportplätzen der Republik. Oft genug erhebt der DFB seinen mahnenden Zeigefinger, in seiner Rolle als Anwalt des Amateurfußballs und Vertreter der Basis versagt er jedoch zunehmend.
Doch auch die vermeintlich positiven Effekte können in Zweifel gezogen werden. Schon jetzt generieren Spiele zwischen unattraktiven Werks- und Retortenvereinen kaum messbare Einschaltquoten. Selbst wenn es sich dabei um vermeintliche Spitzenspiele handelt, wie bei den Partien zwischen Wolfsburg und Leverkusen, geht das Interesse der Fußballinteressierten gegen Null. Dass beide Mannschaften dann auch Probleme haben, in der Champions League ihre Stadien zu füllen, lässt sich nicht nur auf die mangelnde Strahlkraft der Vereine zurückführen. Ganz davon zu schweigen, dass ab einem gewissen Punkt auch eine Übersättigung einsetzen kann. Das fünfte exklusive Spiel am Wochenende, welches Ingolstadt und Hoffenheim bestreiten, lockt dann niemanden mehr hinter dem Ofen hervor.
Die Gedankenspiele um einen erweiterten Spielplan gehen auch immer einher mit der Möglichkeit der Vermarktung der Partien im Ausland. Wenn es darum geht „flexibel“ zu sein und „heilige Kühe zu schlachten“, wird darauf verwiesen, dass Partien in Asien oder Nordamerika zur besten Sendezeit ausgestrahlt werden müssten. Doch die Bekanntheit der Liga auf diesen Erdteilen ist insbesondere im Vergleich zur Premier League viel zu gering. Die aktuellen Einschaltquoten in den sogenannten Zielmärkten belegen dies eindrucksvoll.
Warum versucht man ohnehin die Aktivitäten des englischen Profifußballs zu kopieren? Die Stellung des englischen Fußballs insbesondere in Asien wird man nur schwerlich auch nur annähernd erreichen. Das Publikum in den englischen Stadien hingegen wird immer älter und genau in diesem Punkt liegt aktuell auch der Reiz der Bundesliga. Mittlerweile ist eben ein Großteil dieses Reizes die Atmosphäre in den Stadien. Zudem steht die Bundesliga noch für eine traditionelle Fußballkultur. Der Spieltag am Samstag um 15:30 Uhr macht diese Fußballkultur zweifelsohne auch aus. Viele Geschichten, die den Fußball ausmachen und seine Identität prägen, ergeben sich aus der Dramaturgie der parallel stattfindenden Spiele. Eben diese Kultur ist langfristig vielleicht ein weitaus größeres Kapital als etwaige kurzfristige Effekte aus Vermarktungen.