Man kann die Partie zwischen dem Hamburger SV und dem 1. FC Köln zweifelsohne als Duell zweier Traditionsmannschaften bezeichnen. Beide Vereine zählten zu den Gründungsmitgliedern der Bundesliga und kommen gemeinsam auf 94 Jahre Zugehörigkeit zu dieser höchsten deutschen Spielklasse. Der HSV ist bislang sogar noch nie abgestiegen, die letzten Titel beider Clubs liegen allerdings schon einige Jahre zurück. Der FC gewann 1983 letztmalig den DFB-Pokal und die Hamburger siegten vier Jahre später in diesem Wettbewerb.
Seitdem wurden in Köln fünf Abstiege aus der Bundesliga beklagt und der Hamburger SV geriet in jüngster Vergangenheit immer wieder bedrohlich nah an die Schwelle zur Zweitklassigkeit. Gemein haben beide Vereine ein unruhiges Umfeld mit hohen Ansprüchen. Am Rhein herrscht jedoch aufgrund der überschaubaren Erfolge in den letzten Jahrzehnten mittlerweile ein gewisser Realismus vor, der sich wohltuend in der Arbeit handelenden Personen widerspiegelt. In Elbmetropole klaffen dagegen Anspruch und Wirklichkeit noch immer sehr weit auseinander. Offen zu Tage trat diese Diskrepanz im vergangenen Jahr im Rahmen der Ausgliederung des Spielbetriebs der ersten Mannschaft. (siehe http://www.volkssport-fussball.de/?p=236)
Die einzige Möglichkeit, wieder an erfolgreiche Zeiten anzuknüpfen, erschien einer Mehrheit der Mitglieder darin, den Verein bzw. die ausgegliederte Aktiengesellschaft (AG) für Investoren zu öffnen. Der Investor versorgt den Verein mit frischem Geld und erhält im Gegenzug Anteile an der Gesellschaft. Das erhaltene Kapital kann der Verein dann zum Schuldenabbau, zum Transfer von Spielern usw. nutzen. Ein potentieller Gönner war auch schnell gefunden: Klaus-Michael Kühne. Der Unternehmer hatte ohnehin schon Transfers mitfinanziert und war scheinbar der Garant dafür, dass der HSV finanziell überhaupt noch überlebensfähig war. Ein enger Vertrauer von Kühne, Karl Gernandt, wurde dann sogar Vorsitzender des Aufsichtsrats der neuen AG. Im Dezember erfolgte dann jedoch zunächst eine Absage von Herrn Kühne. Er war augenscheinlich nicht zufrieden damit, wie viele Anteile ihm angeboten worden sind. Um es auf den Punkt zu bringen: Herr Kühne forderte mehr für sein Geld.
Zudem wurde die andere Seite der Medaille der Unterstützung durch den Mäzen Kühne sichtbar. Seine finanzielle Unterstützung beruhte zu großen Teilen auf Darlehen. Er hatte dem HSV also Geld geliehen. Plötzlich wurde darüber spekuliert, ob die Hamburger dieses Geld – natürlich verzinst – zurückzahlen müssen und inwieweit dadurch sogar die Lizenz in Gefahr sein könnte. Doch kurz vor der Mitgliederversammlung des Vereins kam es dann medienwirksam zur Einigung. Kühne wandelte einen Teil seiner Darlehen in Anteile an der AG um. Der HSV war somit ein Stück weit seine Schulden los und hatte einen Besitzer mehr. Genauer gesagt, erwarb Herr Kühne 7,5 % an der HSV AG und von der Rückzahlung der 18,75 Millionen Euro des ursprünglichen Darlehens muss der HSV bis 2019 nur noch 6,25 Millionen Euro zu einem Zinssatz von 4 % zurückzahlen. Zusätzlich fließt sogar noch frisches Geld in die Kasse der Hanseaten: Für jährlich 4 Millionen Euro hat Klaus-Michael Kühne die Stadionnamensrechte erworben. Ab Juli wird das Stadion dann wieder Volksparkstadion heißen und Kühne erstrahlt mal wieder als Retter in der Not.
Im Rückblick erinnert dieser Vorgang doch sehr stark an ein Geschäft auf einem Basar. In den Medien werden oft die Begriffe „Gönner“ und „Herzensangelegenheit“ in Bezug auf potentielle Geldgeber benutzt. Dieses Beispiel macht deutlich, wie viele Eigeninteresse und taktische Überlegungen hinter solchen Engagements stecken können. Natürlich gab es schon immer Mäzen im Fußball, doch es besteht ein erheblicher Unterschied zwischen Gönnern, die einen Verein selbstlos unterstützen möchten und Investoren, die sich (finanziell) Vorteile von ihrem Engagement versprechen. An diesem Punkt kann der Fußballverein schnell zum Spekulationsobjekt werden. Und selbst ein fünfmaliger sechsmaliger deutscher Fußballmeister wird dann wie auf dem Basar angeboten. Was Kühne sich finanziell von dem Engagement verspricht, ob er seine Reputation aufbessern will und wie sehr sein Herz wirklich am HSV hängt, kann nur vermutet werden. Fest steht, dass diese Posse einen faden Beigeschmack hat. Die Vereinsführung hofft durch diesen Deal übrigens weitere Investoren anzulocken und zum Einstieg zu bewegen. Der Handel auf dem Basar geht also weiter.